Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem Leben?
Neulich erhielt ich im Rahmen eines Seminars die Aufgabe, einmal aufzuschreiben, womit ich in meinem Leben zufrieden bin. Hätte man mich nach einem Wert auf einer Skala von 1-10 gefragt, hätte ich wahrscheinlich „7“ gesagt, denn es gibt ja immer Vieles was besser, schöner und anders sein könnte.
Aber nun wurde mein Blick auf die einzelnen Dinge gerichtet, mit denen ich ganz konkret in meinem Leben zufrieden bin. Ich fing an zu schreiben. Zunächst fielen mir die äußeren Bedingungen meines Lebens ein: meine Ehe, in der ich mich auch nach 20 Jahren noch geborgen fühle, meine langjährigen und meine neu hinzugekommen Freundinnen, mein nettes und unterstützendes Kollegennetzwerk, mein neues Büro, in dem ich mich total wohl fühle, der Urlaub in den Bergen, der gleich ein paar zusätzliche Glückshormone freigesetzt hat… und so schrieb ich vor mich hin und es fielen mir immer noch weitere Dinge ein, mit denen ich eigentlich ganz zufrieden war.
Mit dem Schreiben weitete sich der Blick: Unsere Wohnung, nun, die könnte großzügiger und vielleicht auch schöner eingerichtet sein. Aber… ich habe eine Wohnung in einem Viertel, in dem ich mich wohl fühle, ein sicheres Dach über dem Kopf und einen Rückzugsort. Die Nachbarn sind nett und wenn wir uns im Hausflur treffen, bleiben wir stehen und halten ein Schwätzchen. Das ist vielleicht gar nicht so selbstverständlich. Wie viele Menschen wohnen in anonymen Wohnblocks oder müssen sich eine kleine Wohnung mit zu vielen Personen teilen? Wie viele fühlen sich nicht sicher, dort wo sie wohnen oder mit den Menschen, mit denen sie zusammenwohnen? – Ich wünsche mir oft mehr Zeit für mich. Aber das heißt ja im Umkehrschluss, dass ich genügend Zeit zu zweit oder mit anderen verbringe? Einsam habe ich mich jedenfalls seit sehr langem nicht mehr gefühlt.
In Corona-Zeiten fällt einem eher als sonst die eigene Gesundheit ein. Ein Gefühl der Dankbarkeit kam in mir hoch, dass ich gesund bin und mich leistungsfähig fühle. Aber auch dafür, dass es Entwicklungschancen gibt in meinem Leben, die durchaus manchmal mühsam sind und Energie brauchen, aber auch meinen Horizont weiten und neue Perspektiven öffnen. Gäbe es diese Chancen, wenn ich in einem Land leben würde, das eine offizielle Denkrichtung vorgibt, Andersdenkende bestraft und Frauen unterdrückt? Dankbar machte ich mir bewusst, dass ich in einem freien und demokratischen Land lebe, in dem ich meinen Weg gehen darf, auch wenn er nicht den Mainstream bedient.
Ich blickte hoch von meinem Blatt. So viele Dinge in meinem Leben, mit denen ich zufrieden bin und die sogar ein Gefühl der Dankbarkeit in mir auslösen. Das hatte ich mir vorher nicht bewusst gemacht. Auf einer Skala von 1-10 würde ich nun auf jeden Fall „9“ angeben.
Seitdem schaue ich jeden Abend bewusst auf meinen Tag zurück und notiere mir drei Dinge, für die ich dankbar bin oder über die ich mich an diesem Tag gefreut habe.
Übung: Positiver Tagesrückblick
- Nehmen Sie sich jeden Abend vor dem Schlafengehen 5 Minuten Zeit und notieren Sie sich drei Dinge, die an diesem Tag schön waren, über die Sie sich gefreut haben, die Ihr Herz froh gemacht haben.
Wichtig: Auch Kleinigkeiten zählen! - Am besten Sie kaufen sich ein kleines Büchlein, in das Sie nur diese kurzen Tagesrückblicke eintragen.
- Wenn Sie einmal wieder das Gefühl haben, dass das Leben nur Last und Bürde ist, schauen Sie in Ihr Buch und machen Sie sich die vielen kleinen Momente bewusst, die Ihr Leben bereichert haben und die wir oft gar nicht bewusst zur Kenntnis nehmen.
Wenn Sie sich diesen positiven Tagesrückblick zur Gewohnheit machen, werden Sie feststellen, dass Sie auch tagsüber aufmerksamer werden für die „kleinen Glücksmomente“.